«Durch den Monsun» - in Nepal

Mitten in der Hauptstadt Katmandu wateten wir durch knöchelhohes Wasser und fragten uns, was wir eigentlich hier machen. Völlig durchnässt konnten wir uns nicht mehr erinnern, was wir hier vorhatten. Trekken konnte es nie gewesen sein. Anfänglich wollten wir in Nepal einen Freiwilligeneinsatz leisten, aber nachdem die ausgesuchte NGO nicht mehr antwortete und wir mehr Zeit in Südostasien verbrachten, verwarfen wir auch diese Idee. Jetzt, mitten im Monsun, war ich enorm dankbar dafür.

 

Der Monsun brachte nicht nur viel Regen sondern auch Erdrutsche, Hitze und Moskitos. Für uns bedeutete dies auch, dass viele Strassen in noch schlechterem Zustand, die Flüsse nicht geeignet zum Kanufahren, die Berge mit Wolken verhangen und die Wanderwege Matsch waren.

Bevor wir entscheiden konnten, was wir in Nepal unternehmen wollten, mussten wir aber zum Indischen Visacenter und unser Visa beantragen. Wir liessen uns beim Ausfüllen des Online-Formulars von einer Agentur helfen. Dabei erfuhren wir dann auch, dass ein spezielles Fotoformat verlangt wird. Glücklicherweise konnte man dies auch gleich bei der Agentur erledigen, was für ein Zufall. Ausgerüstet mit unseren Formularen, Fotos und Passkopien zogen wir eine Nummer und warteten. Nach einer Stunde konnten wir unseren Antrag einreichen und Fragen beantworten, die wir wegen dem interessanten Englisch des Beamten kaum verstanden. Trotzdem konnten wir relativ schnell die Gebühr bezahlen und wurden angewiesen, am Freitag wieder zu kommen. Andere Touristen hatten weniger Glück. Es half sicher, dass wir Schuhe und Kleider mit weniger als 5 Farben pro Kleidungsstück anhatten, keine Rastas haben und keinen Chinesischen Pass haben.  

 

Um die Wartezeit bis Freitag zu überbrücken unternahmen wir auf die Empfehlung unseres Hotelmanagers hin einen Trip in den Chitwan Nationalpark. Der Manager versicherte uns, dass es dort weniger regnen und der Elefantenausflug etwas ganz Spezielles sein würde. Wir waren die einzigen Tourgäste im Hotel und aufgrund des starken Regens, wurde die Hälfte der geplanten Aktivitäten gestrichen. Ja, es regnete auch in Chitwan. Die Höhepunkte waren der Elefantenritt bei strömendem Regen ohne ein Nashorn zu sehen und eine Kanufahrt mit „Hare Krishna“ singenden Indern.

85% der Bevölkerung in Nepal leben auf dem Land und sind extrem arm. Diese Fakten sieht man deutlich, wenn man durch das Land fährt. Die meisten Häuser waren Bruchbuden und oftmals war nicht ganz klar, ob sie das Haus auf- oder abbauen. Die meisten Bauarbeiten werden von Hand erledigt und so sieht man Frauen, oftmals über 60 Jahre alt, welche schwere Ziegel und Sand schleppen und Männer, die auf Behelfsgerüsten mauern.

 

Es ist offensichtlich, dass diese schwer arbeitenden Menschen und die bettelnden kleinen Kinder in der Stadt nichts von all den Gebühren sehen, welche die Touristen entrichten müssen. Ein Fahrer erklärte uns, dass die Regierung alle 6 Monate wechselt und in diesem momentanen Chaos zusammen mit der Korruption kein Vorwärtskommen oder eine Umverteilung möglich ist. 

Zurück in Katmandu statten wir dem Visacenter wieder einen Besuch ab. Diesmal erfuhren wir, dass unser Antrag bewilligt wurde. Wir mussten unsere Pässe abgeben und es wurde uns geheissen, am Montag wieder zu kommen. Warum man den Pass nicht am gleichen Tag wieder Abholen kann, wissen wohl nur die Inder.

 

Eine Reise nach Pokhara über das Wochenende war wetterbedingt nicht sehr attraktiv und in Katmandu bleiben war eindeutig keine Option. Die Stadt ist einfach nur hässlich, voller Abfall, unglaublich laut und mit schlechter Luftqualität. Nagarkot war unsere Lösung, ein Bergdorf in der Nähe von Katmandu. Der Ort ist bekannt für seinen hervorragenden Blick auf den Himalaya – im Winter. Wir genossen dennoch unser schönes Zimmer, die beschränkte Aussicht und die frische Luft. 

Ein letzter Ausflug zum Visacenter und wir konnten endlich unsere Visa in Empfang nehmen. Damit wir auch richtig auf Indien vorbereitet waren, verbrachten wir noch zwei Tage in einem Yoga Center. Als ob irgendwelche Götter uns entweder verarschen oder belohnen wollten, wurde das Wetter plötzlich schön. Von der Anhöhe des Centers aus, sah Katmandu ohne Wolken beinahe attraktiv aus. In unserem Yoga-Packet war nicht nur eine Yogastunde, sondern auch eine Meditation und Massage miteinbegriffen. Die praktizierte Yoga-Richtung war sehr ursprünglich und erinnerte stark an Seniorenturnen. Die Meditation war entspannend aber leider hinderten unsere eingeschlafenen Füsse uns daran, mit dem Universum vollkommen zu verschmelzen. Unterwarterweise wurde die Massage zum aussergewöhnlichsten Ereignis des Aufenthaltes. Die Therapeutin konzentrierte sich irritierenderweise sehr stark auf die Innenseite unserer Oberschenkel, eine kurze Zeit befürchtete ich, aus Versehen eine Tantra-Massage gebucht zu haben.

 

Schon am Flughafen Katmandu konnten wir dann unsere neu erlernten Meditations-Techniken anwenden. Unser Gepäck wurde zweimal durchleuchtet und vor dem Flugzeug noch einmal von Hand durchsucht. Wir selbst wurden ebenfalls mindestens drei Mal komplett abgetastet. Gibt es da einen kulturbedingten Zusammenhang zu der Nepalesischen Massagetechnik? Jedenfalls können wir einen neuen Rekord an «Berührungen von fremden Personen in Privatbereichen» verbuchen. Selbstverständlich führte diese geniale Idee zu einer ansehnlichen Verspätung. Glücklicherweise schafften wir es noch vor dem nächsten Platzregen ins Flugzeug, zumindest etwas.

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