Ladakh – Entspannung in Indien

Schon beim Landeanflug auf Leh war klar, dass wir in einem völlig anderer Teil von Indien erleben werden. Kleine Siedlungen in grünen Tälern, umrandet von hohen braunen Bergen prägten das Bild aus dem Fenster. 

Leh

Ladakh ist eine eigene kulturelle und administrative Region im Staat Jammu und Kashmir ganz im Norden von Indien. Da es vorwiegend über 3500m liegt, eine der letzten Enklaven des Mahayana Buddhismus ist und von vielen Tibetern bevölkert wird, wird die Region auch gerne “kleines Tibet” genannt.

 

Wenn man von Delhi nach Leh kommt, erscheint es einem als Paradies: Frische Luft, saubere Strassen, herzliche Leute, ein angenehmes Klima und sogar Bäche mit klarem Wasser. Bei all der Freude sollte man Sonnen- und Feuchtigkeitscreme nicht vergessen, ansonsten sieht man schnell Ähnlichkeiten mit einer verbrannten Dörrpflaume. Wir schlugen unser Lager im Silver Cloud Guesthouse auf. Der Besitzer Sonam und seine Familie nehmen das Beherbergen von Gästen sehr ernst und schauen, dass jeder Ladakh mit positiven Erinnerungen verlässt. Während der ersten Tage unternahmen wir nicht viel sondern genossen die Stille und schlugen uns die Bäuche mit Momos voll. Mit nur einer Woche Aufenthalt in Leh gehörten wir zu den Kurzurlaubern, die meisten Urlauber bleiben zwei Wochen oder mehr. Kein Wunder, ist es doch eine der angenehmsten Gegenden von Indien, Indisches Preisniveau aber wenig Hindu-Inder.

Nachdem die geschäftstüchtigen Ladhakis erkannt hatten, dass Touristen am Buddhismus und seinen Ausprägungen interessiert sind, verschoben sie kurzerhand ihre Klosterfestivals vom Winter in den Sommer. Wir hatten Glück, während unserer Woche in Leh fand eines ganz in der Nähe statt. Gespannt fuhren wir hin und waren völlig geschockt. Die Anzahl Touristen überstieg die Anzahl Einheimischer und Mönche bei weiten. Vor allem aber zeigten die Horden von Touristen keinen Respekt vor den Tänzern und Mönchen. Die vielen Möchtegern-Paparazzos zerstörten völlig die Atmosphäre, sodass wir uns ziemlich schnell verabschiedeten.

Am nächsten Tag brachen wir zu einen Ausflug ins benachbarte Nubratal auf. Neben dem Tal selber ist das Besondere, dass man dabei den Khardung-La, den höchsten, befahrbaren Pass überquert. Der erste Ausflugstag war toll. Wir hatten gutes Wetter, eine noch bessere Sicht, besuchten das grösste Kloster des Tals und konnten in der kleinen Wüste auf Kamelen reiten. Nach einem leckeren Abendessen kam dann die schlechte Nachricht. Da irgendwelche Idioten in Bodh Gaya, einer wichtigen Buddhistischen Pilgerstätte, Bomben gelegt hatten, beschloss die Buddhistische Vereinigung von Ladakh (LBA) aus Solidarität einen Streik auszurufen. Leider beinhaltete der Aufruf zur freiwilligen Solidaritätsaktion auch eine Ausgangssperre für Fahrzeuge. In dieser Gegend gibt es keinen Radio- oder Fernsehsender. Das lokale staatliche Nachrichtenorgan ist ein Auto mit Lautsprecher auf dem Dach, dass herumfährt und die Leute informiert. Die Polizei hatte jedoch andere Informationen, welche sie den Gasthäusern per Telefon zukommen lies. So erlebten wir, wie es ist, an einem Ort zu sein, wo man keine verlässlichen Informationen bekommen kann und ganz den Ideen von Militär, Polizei und irgendwelchen Institutionen ausgeliefert ist. Die Guides und Fahrer begannen herumzutelefonieren und nach Lösungen zu suchen. Sie waren jedoch ziemlich verängstigt, da dies die erste Ausgangssperre seit Jahren war. 

Die Angst siegte und wir mussten am nächsten Morgen um 4 Uhr losfahren um vor der vermeintlichen Sperre zurück in Leh zu sein. Dort erfuhren wir, dass es zwar einen freiwilligen Streik geben wird, dieser jedoch nur von 11 bis 16 Uhr dauerte und wir ganz in Ruhe den Rest des Tals hätten anschauen können. Bei einem Ausflug ins Stadtzentrum wurde klar, dass alle sich an den Streikaufruf hielten, kein Laden oder Restaurant hatte geöffnet. Ganz so freiwillig war die Aktion anscheinend doch nicht. Jeder der nicht mitmachen wollte, musste damit rechnen von Anhängern der LBA mit Gewalt dazu gezwungen zu werden. Der Sohn unseres Gasthauses wurde von der Polizei darauf hingewiesen, dass es sicherer wäre, das Auto um 10:50 stehen zu lassen, da er sonst mit Steinen beworfen würde. Soviel zu den friedlichen Buddhisten, deren Vereinigung mächtiger als das Militär und die lokale Regierung zu sein scheint. Während wir durch die leeren Gassen wanderten wurde uns dann auch klar, an wenn die Botschaft des Streiks gerichtet war. Nicht wie gross angekündigt an die anderen Buddhisten in Bodh Gaya oder die Regierung in Delhi, sondern vielmehr an alle potentiellen Störenfriede in Ladakh: „Wir haben die Macht und lassen uns nichts gefallen!“. 

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